So ziemlich jeder Reitstall hat sie: diese völlig verrückten Namen für Ausreitstrecken, die von außen betrachtet absolut keinen Sinn ergeben, aber intern weiß jeder sofort, wo es hingeht. „Ach, lass uns doch mal die Hausfrauenrunde reiten!“ – und schon nicken alle wissend.
Wie entstehen eigentlich solche Namen?
Die Entstehungsgeschichte unserer berühmten „Tipi-Runde“ ist ein perfektes Beispiel dafür, wie das mit der Namensgebung läuft: wir kamen da immer an einem Waldgarten vorbei, in dem ein echtes, großes Tipi stand. Sofort war klar: Das ist die Tipi-Runde! Als das Tipi irgendwann abgebaut wurde, stürzte uns das in tiefe philosophische Diskussionen. Heißt es jetzt „Tipi-weg-Runde“? „Ex-Tipi-Runde“? „Früher-mal-Tipi-Runde“? Am Ende blieb es bei „Tipi-Runde“ – manche Traditionen sind stärker als die Realität.

In unserem alten Stall gibt es die legendäre „Hausfrauenrunde“ – eine gemütliche Strecke, die wohl deshalb so heißt, weil sie perfekt für entspannte Ausritte ist, bei denen man nebenbei über alles Mögliche quatschen kann (und bei der auch weniger sattelfeste Hausfrauen nicht runterfallen). Es gibt sogar eine „kleine Hausfrauenrunde“ und eine „große Hausfrauenrunde“ – je nachdem, wie viel Zeit man hat.
Hier am Stall haben wir die „Stinkelochrunde“ – und der Name ist Programm. Relativ am Ende kommt man nämlich an einem großen Güllebehälter vorbei. Klar, dass ausgerechnet der für den Namen ausschlaggebend ist und nicht etwa eine der drölfzighundert schönen Stellen. 😅
Wenn Ereignisse zu Namen für die Ewigkeit werden
Das Faszinierende ist: ein einziges Ereignis reicht, und die Strecke hat ihren Namen weg. Da geht einmal ein Pferd durch, in diesem Falle war das mal Dolida mit mir, und schon ist das auf alle Zeiten der „Ohne-Sattel-Durchgeh-Sandweg“.
Bei uns auf einer Waldstrecke ist Steffi mal gestürzt und hat dabei ihre Gerte verloren. Wir haben das ganze Laub umgewühlt, systematisch gesucht, aber keine Chance – weg war sie. Das ist locker zwei Jahre her, aber die Stelle heißt immer noch „die Kurve mit der Gerte“. Als würde die Gerte dort wie ein unsichtbares Denkmal stehen (oder vielleicht hat sie Wurzeln geschlagen und irgendwann wächst da ein Gertenbaum? Wer weiß 😅).
Nicht unerwähnt bleiben darf auch unsere legendäre „Wildschweinsgalopprunde“: irgendwann hat mal jemand auf dieser Galoppstrecke ein Wildschwein gesehen. Einmal! Wahrscheinlich hat sich das arme Vieh genauso erschrocken über die heranpreschenden Pferde wie deren Reiter über seinen Anblick. Aber was passiert? Von dem Tag an heißt die Strecke „Wildschweinsgalopprunde“.
Das Wildschwein selbst wurde übrigens nie wieder gesehen. Vermutlich hat es sich längst in ruhigere Gefilde verzogen, aber der Name ist geblieben. Für immer. So funktioniert das in Ställen.

Die geografischen Eigenarten
Manche Namen entstehen durch örtliche Gegebenheiten, ähnlich wie unsere Stinkelochrunde, werden aber gerne dramatisch übertrieben:
- Der „Alpen-Anstieg“ (es geht 50 Meter bergauf)
- Die „Kraftwerksrunde“ (man kommt an einem kleinen Umspannwerk vorbei)
- Die „Sahara“ (ein 200-Meter-Sandweg)
Einzelne skurrile Highlights am Wegesrand erleichtern die Verständigung bei der Streckenplanung: „An der roten Kuh vorbei“ – da hat halt jemand eine knallrote, lebensgroße Kuhplastik im Vorgarten zu stehen.
Natürlich haben wir auch viele Strecken einfach nach den Dörfern benannt, durch die wir da so durchkommen. Das ist nur nicht so lustig. 😀
Andere Namen basieren auf „Sehenswürdigkeiten“, die man oft aber gar nicht sieht oder die nur Einheimischen ein Begriff sind. Im alten Stall hatten wir die „Munitionslagerrunde“ – tatsächlich waren entlang der Strecke viele hundert Meter Stacheldraht gespannt, weil sich da irgendwo im Wald ehemalige Munitionslager befinden. Von denen war vom Weg aus aber weit und breit nix zu sehen, und aktiv genutzt wurden sie auch längst nicht mehr.
Auch die Töpfer-Runde meiner Kindheit hieß so, weil man da an einem einsamen Haus vorbeikam, in dem vor Jahrzehnten mal ein Töpfer mit hellseherischen Fähigkeiten gewohnt haben soll. Ich nenne die Strecke immer noch so. 🤷♀️

Neue Reiter, alte Namen
Das Schönste ist, wenn neue Einsteller dazukommen oder man selber neu in einem Stall ist. Anfangs klingen die Streckennamen alle mega verwirrend – aber nach ein paar Wochen kennen auch die Neuen alle Namen auswendig und erklären sie den nächsten Neuankömmlingen, als wären sie selbst dabei gewesen, als die „Gänsegasse“ getauft wurde.
Ich finde es eigentlich ganz wunderbar, dass jeder Stall seine eigenen traditionellen Streckennamen entwickelt. Sie erzählen Geschichten, schaffen Gemeinschaftsgefühl und sorgen garantiert für Lacher (oder hochgezogene Augenbrauen), wenn Außenstehende davon hören.
Und wer weiß – vielleicht entsteht gerade in diesem Moment irgendwo eine neue legendäre Strecke…. die Möglichkeiten sind endlos!
Wie heißen denn eure skurrilsten Ausreitstrecken? Erzählt mal von euren Favoriten – ich bin gespannt auf eure Namen und die Geschichten dahinter! 🐴